Ein Zyklus von sechs Veranstaltungen im März und April 2024 im Kulturhaus Helferei in Zürich bildet den Auftakt zum Projekt LOVE**WORK von Arnold & Komarov Wandertheater. Wir laden Expert*innen und Publikum ein, die Wechselwirkungen zwischen Liebesleben und Arbeitswelt aus verschiedenen Perspektiven zu untersuchen und sich darüber auszutauschen.
Die gewonnenen Erkenntnisse, Erfahrungen und Erzählungen werden Ausgangspunkt eines musikalischen Wandertheaters. Premiere ist im Februar 2025 im Fabriktheater der Roten Fabrik in Zürich.

Fast alle Menschen lieben und werden geliebt – sei es in der Familie, in Freundschaften, in einer Gemeinschaft oder in Paarbeziehungen.

Arbeiten müssen oder wollen auch die meisten. Wir bewegen uns also fliessend zwischen zwei Sphären, die je nach Lebenssituation mehr oder weniger Raum einnehmen und sich gegenseitig beeinflussen. In beiden Lebenswelten sind wir Erwartungen ausgesetzt, müssen Regeln befolgen und Bedingungen erfüllen. Dies kann zu Spannungen und Widersprüchen führen. Das Ineinandergreifen der beiden Sphären kann aber auch ungeahnte Kräfte freisetzen und uns beflügeln, so dass wir kreativer lieben oder fürsorglicher arbeiten können.

LOVE


Die Liebe verstehen wir als ein umfassendes Gefühl und gehen davon aus, dass wir fähig sind, viele Menschen zu lieben. Wir empfinden Liebe für Eltern, Geschwister, Kinder, Freund*innen und in Paarbeziehungen. Sie wird uns entgegengebracht oder von uns eingefordert, manchmal bleibt sie auch unerwidert. Wir verstehen Lieben als einen Akt des freien Willens und Handelns.

Im Rahmen dieser Recherche interessieren uns alle Formen der Liebe. Wir denken, dass alle, die sich an unserer Recherche beteiligen, eigene Vorstellungen davon haben, was Liebe ist und wie sie gelebt wird und hoffen, so ein breites Spektrum zu erkunden.


Vor allem der romantischen Liebe wird in der westlichen Hemisphäre viel Aufmerksamkeit geschenkt, in der

Hoch- genauso wie in der Unterhaltungs- und Popkultur. Wir sind medial überflutet von Bildern, widersprüchlichen Meinungen und vermeintlichem Wissen über unsere "Rollen als liebende Partner*innen". Die Bedingungen der Liebe in all ihren Formen verändern sich laufend. Wir sind freier in der Partner*innenwahl und leben unsere Beziehungen gleichberechtigter, als dies unseren Eltern oder Grosseltern möglich war. Dabei verbergen romantische Vorstellungen und Erwartungen auch, wie die kapitalistischen Verhältnisse das Liebesleben prägen. Gleichzeitig haben wir grosse Erwartungen an uns selbst, wie und wen wir lieben sollen und suchen die Schuld bei uns, wenn Beziehungen scheitern.

WORK


Die Bedeutung der Arbeit und was als Arbeit gilt, verändert sich dauernd. Viele arbeiten nicht nur für Geld, sondern auch für den Selbstwert und die gesellschaftliche Wertschätzung, die sich mehr denn je am beruflichen Erfolg misst. Einzelne Berufe verlieren an wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Wert, andere gewinnen dazu.

Viele arbeiten unbezahlt, oft aus Liebe oder familiärer Verpflichtung. Nach wie vor sind dies mehrheitlich Frauen, die dadurch in emotionale und finanzielle Abhängigkeitsverhältnisse geraten. Die Arbeitszeit beschränkt sich bei vielen nicht auf acht Stunden an fünf Wochentagen, gefragt ist dauernde Erreichbarkeit. Und einige verdienen gut, obwohl sie wenig dafür tun. Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, arbeiten wir auch in der Freizeit und unbezahlt: Indem wir uns in den sozialen Medien vergnügen, produzieren wir einen Mehrwert, von dem andere profitieren.

*DAS DAZWISCHEN*


Beim Arbeiten bewegen wir uns oft in gesellschaftlichen Sphären. Die Politik, die Gesetzmässigkeiten des Arbeitsmarktes und die globalisierte Marktwirtschaft prägen die Arbeitswelten.

Das Liebesleben betrachten wir hingegen als privat, Konflikte und Probleme in Partner- und Freundschaften und Familien werden meist als individuelle verstanden. Es ist ein sensibler Bereich, wir bewegen uns in einem Netz von Verstrickungen und sind als Individuen ungeschützt. Indem wir befragen, wie sich eine öffentliche und eine private Sphäre zueinander verhalten, untersuchen wir Auswirkungen, die nicht nur als individuell und privat betrachtet werden sollen, sondern immer auch politisch sind.

Das Wandertheater LOVE**WORK bietet einen sicheren Raum, damit aus dieser sensiblen, vermeintlich privaten Sphäre und den Wechselwirkungen mit dem öffentlichen, regulierten Bereich der Arbeit berichtet werden kann. Die im Rahmen der Recherche geteilten Erfahrungen bleiben in der Inszenierung anonym. Durch diesen Transfer kann die persönliche und individuelle zu einer universellen und kollektiven Erfahrung werden. Wirkungsweisen und Zusammenhänge zwischen den beiden Sphären werden im gemeinschaftlichen Raum geteilt und persönliche Erfahrungen können im gesellschaftlichen und sozialen Kontext verortet werden. Mit dieser Arbeit werden alle dazu ermächtigt, Teil dieses Prozesses und nicht nur Beobachter*in zu sein.

SHARE YOUR STORY

Wir laden Sie herzlich ein, uns Ihre eigenen Erfahrungen und Gedanken über die positiven wie negativen Wechselwirkungen zwischen dem Liebesleben und der Arbeitswelt zu berichten. Sie entscheiden selber ob Sie uns anonym oder mit Namen und Email-Adresse schreiben möchten. Die gesammelten Erzählungen werden Teil unserer Inszenierung, die Premiere wird im Februar 2025 im Fabriktheater der Roten Fabrik stattfinden.

 
 
 
 

TEAM

Trixa Arnold und Ilja Komarov – künstlerische Co-Leitung, Konzept

bringen seit 2007 gemeinsam Musiktheaterprojekte auf die Bühne. Ihre Arbeiten zeichnen sich aus durch einen explizit zugänglichen Ansatz sowie eine poetisch-lustvolle Annäherung an gesellschaftlich relevante Themen. Auch schwere Stoffe kommen in ihren Arbeiten unprätentiös daher. Sie arbeiten aus der Überzeugung heraus, dass sich das Politische auch im alltäglichen Leben und seinen Handlungen manifestiert. Aktuell arbeiten sie mit mündlichen Überlieferungen und Erinnerungen, die sie zu spezifischen Themen sammeln, verdichten und inszenieren. Die Musik ist ein wichtiger Bestandteil all ihrer Inszenierungen. Sie gehen ihren künstlerischen Weg mit Konsequenz, wobei ihre Arbeiten vielfältige, unterschiedliche Formate umspannen. Enge und langjährige Zusammenarbeiten verbinden sie u.a. mit Marisa Godoy, Kraut_produktion, Massimo Furlan, Corsin Gaudenz und Annas Kollektiv. 2001 bis 2003 verbrachten sie als freie Musikstipendiaten in St. Petersburg. Ihre Arbeit SCHÄM DICH! / SHAME ON YOU! zeigten sie am Fringe Festival Edinburgh 2022 im Rahmen der Swiss Selection von Pro Helvetia.

Trixa Arnold – Regie, Spiel, Text

arbeitet als Musikerin für Theater, Tanz und Film. In ihren eigenen künstlerischen Projekten übernimmt sie die Funktion der Regisseurin oder Dramaturgin und steht manchmal auch als Musikerin auf der Bühne. Als DJesse legte sie Platten im Altersheim auf und ist unterwegs mit ihrer Performance "Jede Schallplatte ist eine gute Schallplatte". In den 90er-Jahren tourte sie ein Jahrzehnt mit Popbands durch Europa. Sie musizierte und improvisierte u.a. mit Simon Dellsperger, Judy Dunaway, Vjatcheslav Gayvoronsky, Yoshio Machida, Co Streif, Strotter Inst., Tomas Korber, Claudia Binder, Irene Schweizer und Marie Cecile Reber. Studium der Architektur. Lebt in Zürich.

Ilja Komarov – Spiel, Komposition

arbeitet als Komponist, Tänzer und Schauspieler für Theater, Tanz und Film. Für seine eigenen künstlerischen Projekte komponiert er die Musik und steht als Musiker und Schauspieler auf der Bühne. Seit er 2014 das Studium zum Lehrer der Alexandertechnik abschloss, unterrichtet er in seiner eigenen Praxis. 20 Jahre tourte er unter anderen mit der russischen Band Ne Zhdali und dem Trio Les Halmas als Bassist und Sänger intensiv durch die Welt. Nachdem er an der Hochschule für Musik in Tallinn Kontrabass studiert hatte, wurde er am russischen Dramatheater in Tallinn als Musiker und Schauspieler engagiert. Lebt in Zürich.

Anna Cherepanova & Vitalii Cherepanov (CickinDunt) – visuelle Gestaltung, Ausstattung

erforschen mit unterschiedlichen Medien und Disziplinen Operationen und Fluktuationen in Kunst, Wissenschaft und Philosophie. Sie entwickeln ihre Projekte als Testmodelle für die kritische Interaktion mit der Umwelt und betrachten die künstlerische Geste als Anwendungsmöglichkeit in diesem Kontext. Sie nehmen die Welt als eine Quelle gleichberechtigter Kollaborationen zwischen verschiedenen Agenten und Substanzen wahr und nennen dies «Park Volny». Ihre Praxis umfasst kollektive Performances, Street Art, digitale Kunst, Installationen, Videokunst, Musik, Bühnenbild, Skulptur, Malerei. Sie arbeiten zusammen oder als unabhängige Autor*innen unter verschiedenen Pseudonymen (CickinDunt, Shaboffice, Infinite Private Sector, usw.) Ihre Arbeiten werden präsentiert in Galerien und Museen in Deutschland, Österreich, USA, Schweiz und Russland.

Stipendien, Preise und Residenzen:

2023 “Summer school for socially engaged arts” artasfoundation, Zürich

2023 “Furka retreat residency” Furkart, Schweiz

2023 Recherchestipendium vom Goethe Institut für “Park Volny”

2022 Reisestipendium vom Goethe Institut für «Theater under the cameras»

Anna Cherepanowa
studierte an der Fakultät der Kunst der Sozialpädagogische Akademie in Nischni Tagil und schloss 2013 mit Diplom ab. Lebt in Berlin und Zürich.

Vitalii Cherepanow
Studierte an der Fakultät der Kunst und Grafik der Sozialpädagogischen Akademie in Nischni Tagil und schloss ohne Diplom ab. Lebt in Berlin und Zürich.


Anissa Maizi – Assistenz Kommunikation und Produktionsleitung, Webseite

interessiert sich für Fragen der kulturellen Identität, gesellschaftspolitische Themen und deren Ausdruck in verschiedenen Kunstformen. Sie engagierte sich ehrenamtlich in Kulturprojekten wie dem Verein Quartierzeit und dem shnit Kurzfilmfestival in Bern. 2022/23 besuchte sie die Kunstschule Metàfora Studio Arts in Barcelona, Spanien und produziert seither ihre eigenen Videoarbeiten. Sie arbeitete mehrere Jahre in Marketing, Kommunikation und Werbung. Nach einer kaufmännischen Berufslehre bildete sie sich weiter zur Kommunikationsplanerin, in Textarbeit und Grafik. Lebt in Bern.

Gabriela Stöckli – Mitarbeit Konzept und Texte

interessiert sich für das Übersetzen als unverzichtbare kulturelle Praxis und für Mehrsprachigkeit in der Literatur und in allen künstlerischen Zusammenhängen.

Seit 2005 leitet sie das Übersetzerhaus Looren in Wernetshausen (Kanton Zürich) und macht Lobby-Arbeit für das literarische Übersetzen als Wortkunst, organisiert Weiterbildungen und moderiert literarische Veranstaltungen. Sie hat mehrere Kinderbücher aus dem Spanischen übersetzt. Sie studierte Literaturwissenschaft mit Spezialgebiet Lateinamerika in Zürich, Madrid und Berlin. Lebt in Zürich.

Regula Schelling – Dramaturgie, Mitarbeit Konzept, Produktionsleitung, Diffusion

ist Mitbegründerin und Co-Leitung Theater Süd. Seit Sommer 2019 arbeitet sie als Produktionsleiterin bei produktionsDOCK Basel u.a. für Jeremy Nedd, Alexandra Bachzetsis und Ariane Andereggen. Seit 2020/21 ist sie Geschäftsleiterin von Supervistas. 2019 arbeitete sie im Betriebsbüro beim Theaterfestival auawirleben und war interimistisch Co-Leiterin der Voyeure Bern. Sie absolvierte zahlreiche Praktika und Regie-/ Dramaturgieassistenzen, u.a. beim Schauspielhaus Zürich, Jungen Theater Solothurn, interkulturellen MAXIM Theater Zürich, Jungen Konzert Theater Bern und in der Programmabteilung des Goethe-Instituts Bukarest. Sie studierte Theater- und Tanzwissenschaft und Germanistik an der Universität Bern. Lebt in Basel.

Koproduzenten

Fabriktheater, Rote Fabrik Zürich

Kulturhaus Helferei, Zürich

Millers, Zürich

Tojo Theater, Bern

WORM Kulturzentrum, Rotterdam

 

Wir danken für die Unterstützung

Stadt Zürich Kultur, Fachstelle Kultur Kanton Zürich, Pro Helvetia - Schweizer Kulturstiftung.